Zeittafel
Die Baureihe 420 und die Frankfurter S-Bahn
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2. Februar 1990
Die schwärzeste Stunde in der Geschichte der Frankfurter S-Bahn. 17 Menschen kamen ums Leben, als zwei vollbesetzte S-Bahnen am Bahnhof Rüsselsheim kollidieren, weitere 42 Menschen wurden schwer- und über hundert leichtverletzt.
Trotz des Halt zeigenden Ausfahrsignals fuhr der Tf des Zuges 5063 in Richtung Frankfurt aus dem Bahnhof aus, und kam auch nach ausgelöster Notbremsung nicht mehr rechtzeitig vor der im Weichenbereich einfahrenden S-Bahn zum stehen. Sein Fahrweg sollte von einer entgegenkommenden S-Bahn gekreuzt werden, die im Überholgleis halten sollte. Das hohe Beschleunigungsvermögen des Triebzugs wirkte sich fatal aus, da bereits am Ausfahrsignal die Geschwindigkeit mit knapp 90km/h so hoch war, dass trotz Notbremsung beide Fahrzeuge noch mit enormer Wucht zusammen stießen. Nahezu völlig zerstört wurden die beiden direkt beteiligten Endwagen 420 708-0 und 420 210-7.
Die Einführung der PZB90 soll solche Unglückszenarien für die Zukunft nahezu ausschließen. Eines der Merkmale der PZB90 gegenüber der früheren INDUSI ist die strengere Überwachung der Geschwindigkeit vor Halt zeigenden Signalen.
» Erinnerungs-Sonderseite zum 20. Jahrestag am 2. Februar 2010.
26. Mai 1990
Die unterirdische Mainquerung wurde dem Verkehr übergeben; damit erreichte die S-Bahn Frankfurts Süden. Eröffnung der unterirdischen Stationen Ostendstraße und Lokalbahnhof, sowie der S-Bahnhöfe Südbahnhof und Stresemannallee. Alle sieben S-Bahnlinien, die bislang an der Konstablerwache endeten, wurden zum Südbahnhof verlängert, der durch umfangreiche Baumaßnahmen mit S-, U- und Regionalbahnanschluß zu einem wichtigen Knotenpunkt im Nahverkehr aufgewertet wurde. Die Linien S5 und S6 erreichten über den Südbahnhof hinaus den vorläufigen Endbahnhof Stresemannstraße.
Die Linien mit Stand 27.5.1990 (Fahrplanwechsel):
S1 Südbahnhof - Wiesbaden Hbf
S2 Südbahnhof - Niedernhausen
S3 Südbahnhof - Bad Soden - Höchst
S4 Südbahnhof - Kronberg
S5 Stresemannallee - Friedrichsdorf
S6 Stresemannallee - Friedberg
S14 Südbahnhof - Flughafen - Mainz Hbf - Wiesbaden Hbf
S15 Frankfurt Hbf (hoch) - Flughafen
Die Verlängerung aller acht Linien erforderte eine erhöhte Anzahl an Fahrzeugen. Die Betriebswerke in Plochingen (S-Bahn Stuttgart) und M-Steinhausen (S-Bahn München) stellten dafür 420 aus ihrem Bestand zur Verfügung. So tauchten als besondere Exoten weiß-blaue 420er im Frankfurter Netz auf.
31. Mai 1992
Eröffnung des südlich nach der Mainquerung abzweigenden Tunnels zur unterirdischen Station Mühlberg. Die Linien S1 und S2 bedienten diese Verbindung und zweigen so nach der Station Ostendstraße und der Mainquerung von der Tunnelverbindung zum Südbahnhof ab. Der Ast nach Mühlberg ist die erste Stufe zur Erschließung des südöstlichen Ballungsraums durch die S-Bahn.
Und eine architektonische Besonderheit: Mühlberg ist der erste Tunnelbahnhof der Bundesbahn, dessen Tunneldecke ohne jegliche Mittelpfeiler abgefangen wird. Diese Baumaßnahme soll die Sicherheit der wartenden Fahrgäste erhöhen, da der gesamte Bahnsteig eingesehen werden kann.
23. Mai 1993
Die Taunusbahn von Friedrichsdorf nach Grävenwiesbach wird in den FVV integriert. Damit teilen sich die 420 als S5 und die VT2E der Taunusbahn die Verkehrsaufgaben auf dem Abschnitt Bad Homburg - Friedrichsdorf. Vereinzelt zur HVZ verkehren die Dieseltriebwagen der TSB auch bis zum Frankfurter Hauptbahnhof. Zum Start der Taunusbahn hieß diese Linie "T", heute handelt es sich um die "RMV-Linie 15".
Der Bestand an Frankfurter 420 wird in diesem Jahr mit 105 Fahrzeugen gezählt. Nicht mitgezählt sind Leihfahrzeuge, die aus anderen S-Bahn Betriebswerken kommen. Auch Frankfurt stellt seinerseits 420 für andere S-Bahnbetriebe zur Verfügung: So im April des Jahres, als Stuttgart mit dem sog. "Schmierseifen-Chaos" einen zeitweisen Totalausfall seiner Fahrzeuge zu beklagen hat. Auch bei der Rhein-Ruhr S-Bahn tauchen vereinzelt Frankfurter 420 auf, um die S-Bahnen mit 111, bzw. 143 und x-Wagen zu unterstützen.
1. Januar 1994
Im Zuge der vom Bundestag beschlossenen Bahnreform wurde die staatliche Deutsche Bundesbahn zusammen mit der Deutschen Reichsbahn in die privatwirtschaftliche Deutsche Bahn AG umgewandelt, die jedoch vorerst zu 100% in Staatsbesitz verblieb.
Das neue Hoheitszeichen, das sich an dem bisherigen "DB Keks" der Bundesbahn orientiert, wurde in den ersten Monaten des Jahres 1994 auf beinahe allen Fahrzeugen angebracht.
Auch die meisten ET420 wurden in kurzer Zeit mit dem neuen Logo ausgestattet.
31. August 1994
420 265 wird als erster 420 im "Redesign" für Frankfurt vorgestellt.
Es ist der Start zum großen "Redesign"-Programm für die Baureihe 420.
Alle Fahrzeuge erhielten bei anstehender Revision eine neue Inneneinrichtung.
Dabei werden alle alte Trennwände aus dem Fahrgastraum entfernt und mit Edelstahlstangen und Verglasungen der Innenraum wesentlich transparenter gestaltet.
Die Umbauaktion wird bei der Frankfurter S-Bahn im Jahre 2001 abgeschlossen.
Im Vorgriff fand bei allen Fahrzeugen eine Umbauaktion der Fahrgastsitze statt, bei der die mittlerweile durchgesessenen roten Kunstledersitze gegen "Systemsitze" mit grün-blau-grauem Sitzpolster (in der 1.Klasse in blau-grau) ausgetauscht wurden.
27. Mai 1995
Die Städte Offenbach, Mühlheim und Hanau erhalten S-Bahn-Anschluß.
Offenbach wird durch die Linien S1 und S8 bedient.
Die S1 endet am Bahnhof Offenbach Ost.
Die S8 bedient die gesamte Neubaustrecke bis Hanau Hbf.
Die Linien S14 und S15 verschwinden aus den Linienplänen und gehen in die neue S8 auf.
Die neue S8 verbindet somit Hanau mit Wiesbaden über Offenbach, Frankfurt, F-Flughafen und Mainz.
Sie ist mit 73 Kilometer die längste Linie der Rhein-Main S-Bahn.
Die Realisierung der neuen 17 Kilometer langen Strecke vom unterirdischen Bahnhof Mühlberg in Frankfurt bis zum Hanauer Hauptbahnhof hatte über 1 Milliarde DM gekostet. Davon hatte die Unterquerung der Offenbacher Innenstadt mit drei neuen Untergrundbahnhöfen den größten Anteil verschlungen. Die S-Bahntrasse taucht westlich vor Offenbach bei Kaiserlei in den Untergrund ab, unterquert die Innenstadt und erreicht das Tageslicht am Bahnhof Offenbach Ost.
Bemerkenswert an diesem
S-Bahntunnel sind die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h (Frankfurter Innenstadttunnel 60 km/h), der Sicherheitsstandart (Löschwasserleitung im Tunnel) und die architektonisch anspruchsvoll gestalteten Tunnelbahnhöfe mit Sichtmöglichkeit über den gesamten Bahnsteigbereich.
28. Mai 1995
Die Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH (RMV) löste den Frankfurter Verkehrsverbund (FVV) ab. Das Tarifgebiet des RMV umfasst beinahe flächendeckend den gesamten Raum Südhessen und stellte seinerzeit damit den größten Verkehrsverbund Deutschlands dar. Zum RMV gehört, wie schon beim FVV, auch das rheinland-pfälzische Mainz über die Integration des noch heute bestehenden Verkehrsverbundes Mainz-Wiesbaden.
Gleichzeitig mit Einführung des RMV und der Eröffnung der S-Bahn nach Hanau, galt ab diesem Tag ein neuer Taktplan für die S-Bahn. Statt eines 20/40/60Minuten-Taktes wird nunmehr in einem 15/30/60Minuten-Takt gefahren. Der 30 Minutentakt ist der Grundtakt. Zur HVZ wird auf bestimmten Linienabschnitten ein 15 Minuten-Takt angeboten. Zu später Stunde und auf bestimmten Linien am Wochenende wird der Takt auf 60 Minuten ausgedünnt. Letzteres blieb jahrelang ein Kritikpunkt am RMV. 420 erhielten RMV-Aufkleber.
Die Linien nach Stand 28. Mai 1995:
S1 Offenbach Ost - Wiesbaden Hbf
S2 Südbahnhof - Niedernhausen
S3 Südbahnhof - Bad Soden - Höchst
S4 Südbahnhof - Kronberg
S5 Stresemannallee - Friedrichsdorf
S6 Stresemannallee - Friedberg
S8 Hanau - Offenbach - Frankfurt Hbf - Flughafen - Mainz Hbf - Wiesbaden Hbf
Wegen der neu eröffneten Strecke stieg der Fahrzeugbedarf der Frankfurter S-Bahn. Dieser konnte mit Umbeheimatungen von 420/421 der 3. und 4. Bauserie aus Plochingen gedeckt werden, da nach Stuttgart laufend Neubaufahrzeuge aus der 8. Bauserie ausgeliefert wurden.
1. Januar 1996
Die nächste Stufe der Bahnreform trat in Kraft. Die politische Verantwortung für den Nahverkehr ging an die Länder über. Gesetze regeln, durch wen welche Leistungen im Nahverkehr wie bestellt werden. Der Bund verteilt nach einem festen Schlüssel die Subventionen an die Länder, die dann diese eigenverantwortlich einsetzen.
Die Deutsche Bahn AG ordnete ihre Geschäftsbereiche neu. So entstand für die Nahverkehrsaufgaben der Geschäftsbereich (GB) "DB Regio", der mit dem Regionalbereich (RB) "Hessen" auch für die Rhein-Main S-Bahn zuständig ist.
Zur Bereinigung des Fuhrparkbestands wurden im Laufe des Jahres alle verbliebenen Fahrzeuge der 2. Bauserie an München abgegeben.
Damit verabschiedete sich die Ur-Bauserie der Rhein-Main S-Bahn von Frankfurt.
Zum Teil erhielt der Bh Griesheim dafür weitere Fahrzeuge vom Bh Plochingen.
1. Juni 1997
Die Rhein-Main S-Bahn erschließt den Süden des Ballungsraums. Mit der Verlängerung der die S3 und S4 von der Stresemannallee in Frankfurt bis zur Stadt Langen und weiterführend mit der S3 wurde das Oberzentrum Darmstadt erreicht.
Der Mehrbedarf an 420 konnte in diesem Falle nicht alleine durch Fahrzeugtransfers aus Plochingen gedeckt werden.
Die S-Bahn Stuttgart verdichtete zur gleichen Zeit ihre Taktfahrpläne, was einen erhöhten Fahrzeugbedarf zur Folge hatte.
Dazu kam auch noch der Tatbestand, dass die Auslieferung von Neubaufahrzeugen aus der 8. Bauserie beinahe abgeschlossen war und somit eine Kompensation der Abgänge immer schwerer wurde.
So musste der Bh Düsseldorf seinen bescheidenen Bestand an ET420 weiter verkleinern.
Obwohl die Fahrzeuge vor allem dem Bh Frankfurt-Griesheim zu gute kamen, blieb dessen Fuhrpark knapp bemessen.
1. September 1997
Als erster Frankfurter 420 erscheint die Einheit 420 299ff in dem neuen Farbschema von DB Regio, welches durch die großflächige Lackierung mit der Signalfarbe "verkehrsrot" gekennzeichnet ist.
Nur in Frankfurt wird darüber hinaus auch die Beklebung von Fahrzeugen mit verkehrsroter Folie getestet. Diese Maßnahme ist Teil der Bemühungen zur Reduzierung von Schäden und damit verbundenen Kosten, die durch Graffiti an S-Bahnfahrzeugen verusacht werden. Über die Testphase ist man aber bislang nicht hinaus gekommen.
24. Mai 1998
Mit den beiden Einheiten 420 305 und 420 308 gab zum Fahrplanwechsel der Bh Düsseldorf seine letzten 420 an Frankfurt ab. Weitere Zugänge kamen nur noch aus Plochingen, die jedoch mit weiteren Transfers vorerst auf sich warten ließen.
Die Baureihe 420 musste überraschend zur Kur.
An Rahmenbauteilen, die im Zusammenspiel mit den Drehgestellen Materialermüdungen zeigten, wurde eine sog. Modulsanierung notwendig.
Fahrzeuge in Aluminiumbauweise, bei denen bereits fortgeschrittene Rißbildungen festgestellt wurden, mussten kurzfristig aus dem Verkehr gezogen werden.
Arbeitete bis zu diesem Zeitpunkt der Fuhrpark schon stets nahe an seiner Kapazitätsgrenze, so wuchs sich im Laufe des Jahres 1999 die Situation zu einem wahren Fahrzeugnotstand aus. Immer weitere 420 mussten außer Betrieb gesetzt werden. Der Betriebshof behalf sich notdürftig mit z.T. bunt zusammengestellten Fahrzeugkompositionen. Einsatztaugliche Mittel- und Endwagen wurden zu neuen Einheiten zusammengestellt. Dennoch mussten im Berufsverkehr die Kapazitäten auf Vollzuglänge zurück gefahren, und sogar einzelne Leistungen an lokbespannte Wendezuggarnituren abgegeben werden. Am längsten hielten sich solche besonderen S-Bahn Umläufe auf der S2 zwischen Niedernhausen und Frankfurt Hbf (hoch).
Der Fahrzeug-Notstand hielt bis weit in das Jahr 2000 an. In einer konzertierten Aktion der Ausbesserungswerke, in Zusammenarbeit mit einigen Werkstätten der Fahrzeugindustrie, wurde in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum ein großes Sanierungsprogramm auf die Beine gestellt und durchgeführt.
Dank an: Helmut Hofmann, Rainer Hübner, Karl Arne Richter, Andreas Ritzl, Michael Sauer, Harald Schulz
Literaturverweis:
Janikowski, Andreas: "Deutschlands S-Bahnen (Transpress, 1994)"
Deutsche Bundesbahn: "S-Bahn Rhein-Main: Der Süden rückt näher" (BD Frankfurt, Mai 1990)
Frankfurter Verkehrsverbund: FVV aktuell 27, 10 Jahre fahren im Verbund (FVV, Juni 1984)